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Neue Antriebsmotore für Flurförderzeuge im Überblick
Rund die Hälfte der weltweit produzierten Gegengewichtsstapler ist mit verbrennungsmotorischen Antrieben ausgestattet - ein lohnenswerter Markt also für die Hersteller von Industriemotoren. Für ihre Kunden ist die Frage (mit)entscheidend, ob die Motore die künftig geltenden Emissionsvorschriften erfüllen.
Stufe IIIa und Tier 3: Das sind die nächsten Emissionshürden, die Industriemotore für mobile Arbeitsmaschinen zu erfüllen haben. Denn sowohl die europäische als auch die nordamerikanische Gesetzgebung haben schon vor Jahren ein Stufenprogramm aufgelegt, das die zulässigen Emissionen der Motore immer weiter absenkt.
Die Folge: Die Motorenhersteller mussten ehrgeizige Entwicklungsprogramme auflegen, um die festgelegten Grenzwerte so zu erfüllen, dass möglichst wenige Zusatzkomponenten und -technologien erforderlich sind. Denn Kosten und „packaging“, d. h. kompakte Baumaße, spielen neben den Emissionen und den immer höheren Leistungsanforderungen nach wie vor eine zentrale Rolle bei der Entscheidung der Staplerhersteller, welchen Motor sie wählen.
Die Emissionshürden nehmen - auch ohne Elektronik
Bei der Überwindung der Emissionshürden setzen die Motorenhersteller stark auf die elektronische Regelungstechnik, ohne die kaum ein Staplermotor auskommt - diese Funktion benötigt man schon allein deshalb, um eine optimale Abstimmung von Motor und Getriebe sowie Arbeits- und Fahrhydraulik sicherzustellen.
Dass es jedoch auch ohne Elektronik geht, zeigt Perkins mit dem neuen 1104D-44T (Bild 1). Dieser Vierzylinder mit 4,4 Litern Hubraum und einer Leistungsspanne von 56 bis 69 kW bei 2200 U/min zeichnet sich durch eine fortschrittliche mechanische Regelung aus. Die neuen Emissionsrichtlinien für diesen Leistungsbereich starten im Januar 2008, so dass der Erstausrüster mit dem Motor schon jetzt auf „Nummer Sicher' gehen kann. Die Aggregate sind als Saugmotor, mit Turbolader und als Turbomotor mit Ladeluftkühlung verfügbar; in der aufgeladenen Version leisten sie bis 87 kW.
Kompaktmotore nach neuer Emissions-Norm
Auch bei den Kompaktmotoren stehen Versionen zur Verfügung, die die Euro-Norm IIIa bzw. Tier 3 nach USA-Norm erfüllen und damit bis zum Jahr 2013 eingebaut werden können. Die neue, leistungsstärkste Variante der 400-Serie von Perkins bietet bei 2,2 Litern Hubraum dank Turbolader und Ladeluftkühlung 49,2 kW bei 2800 U/min. Die Einbaugröße beträgt nur 0,25 cbm - das erlaubt die Entwicklung von kompakten und leistungsstarken Staplern, zumal sich der seitlich angebrachte Turbolader gut in die Gesamtkonstruktion einfügt. Zu den Ausstattungsvarianten gehören verschiedene Kühlerpositionen, ein geräuscharmer Kühler und eine elektronische Regelung. Im Feld verspricht der 404 D-22TA nach Angaben des Herstellers eine verbesserte Laufkultur und Geräuschcharakteristik sowie Zuverlässigkeit und Langlebigkeit. Mit Öl- und Filterwechsel-Intervallen von 500 Stunden werden lange Laufzeiten zwischen den Serviceterminen erreicht.
Kubota hat ein neues Einspritzsystem entwickelt, um eine nochmals bessere Gemischaufbereitung zu erzielen und damit eine „saubere' Verbrennung zu erreichen. Mit diesem System sind die neuen direkteingespritzten Vierventilmotore V3800 und V3800T ausgestattet, die mit 58,8 bzw. 70,6 kW bei 2 600 U/min die Leistungspalette nach oben erweitern. Damit trägt man der Tatsache Rechung, dass von mobilen Arbeitsmaschinen hohe Produktivität und entsprechende Leistung verlangt wird - und das bei möglichst niedrigem Motorgewicht, geringem Geräuschpegel und kompakten Abmessungen: Die Leistungssteigerung um 23 bzw. 28% gegenüber den Vorgängermodellen ließ sich bei unveränderten Außenmaßen realisieren. Auch der Forderung nach schnellem Service wird entsprochen:
Alle wartungsrelevanten Teile befinden sich auf einer Motorseite. Zusätzlich kann die Position von Anbauteilen wie Ölfilter und Starter variiert werden, um den Motor optimal in den vorhandenen Bauraum einzupassen.
Bild 2 zeigt ein Schnittmodell von Kolben und Ventiltechnik des Motors V3800.
Stapler mit Golf-Motor
Direkteinspritzung, vier Ventile pro Zylinder und Turbolader: Die Merkmale moderner Industriemotoren können sich auch im Vergleich mit Kfz-Motoren sehen lassen. Da liegt es nahe, in mobilen Arbeitsmaschinen Derivate von Pkw-Dieselmotoren. einzusetzen. Dieses Konzept geht seit Jahrzehnten auf, obwohl die Automotoren höher drehen und keine Arbeitshydraulik versorgen sorgen müssen.
Vorbehalte gab es allerdings anfangs gegen den Einsatz neuester Diesel-Technologien wie das Pumpe-Düse-Einspritzverfahren. Die Praxis scheint jedoch zu zeigen, dass diese Vorbehalte unbegründet waren. So setzt Linde die 1,91 SDI- und TDI-Aggregate von VW ein, die u. a. auch im Golf ihren Dienst tun (Bild 3). Allerdings muss man hinzufügen, dass hier und in anderen Fällen nur der Grundmotor aus der Pkw-Serie stammt. Die Motore sind z. B. durch besondere Ölwannen, Riementriebe, Generatoren und Anlasser modifiziert. Das deutlichste Unterscheidungsmerkmal des Industriemotors gegenüber dem Fahrzeugmotor ist jedoch das eigene Steuergerät, das die speziell für Industrieanwendungen programmierte Software enthält. Mithilfe dieser Software lässt sich die Motorcharakteristik an die jeweiligen Anforderungen anpassen.
Die Industriemotoren-Sparte von VW betrachtet die Flurförderzeugbranche als ihr Kerngeschäft und bereitet zurzeit die Vorstellung des 2-l-Industriemotors mit Pumpe-Düse-Technologie vor. Gemäß den Angaben aus Wolfsburg soll es eine Ausführung mit 49 kW/3 000 U/min geben und eine aufgeladene Variante mit Ladeluftkühlung, die bis zu 63 kW leistet. Beide Versionen sind gemäß Stufe IIIa zertifiziert. Das Basisaggregat dieser Motoren wird zurzeit im Golf, Touran und im neuen Passat verwendet.
Die namhaften Hersteller von Industriemtoren haben jeweils auch Gasmotoren im Programm, deren Anteil am Gesamtmarkt stetig zunimmt. Hier verwendet man i.d.R. Ottomotoren als Basisaggregate, und der Staplerhersteller profitiert davon, wenn er Motoren desselben Herstellers mit identischen Anbauteilen und Anflanschmaßen verwenden kann.
Die Zukunft der Stapler-Antriebstechnik
Wie sieht die Zukunft der verbrennungsmotorischen Antriebe aus? Das ist eine spannende Frage, denn es ist eher unwahrscheinlich, dass es beim „business as usual“ der immer saubereren Diesel- und Gas-Antriebe bleibt. Neue Technologien werden sich vermutlich durchsetzen - die Frage ist, welche das sein werden und mit welcher Geschwindigkeit sie den Dieselantrieb ersetzen können.
Mehrere Staplerhersteller haben inzwischen Prototypen mit Brennstoffzellenantrieb vorgestellt: Geräte von Linde sind z.B. beim Flughafen München in Betrieb, Still führt ebenfalls Feldversuche durch. Auch die F&E-Abteilungen von Hyster und Toyota sind in diesem Feld aktiv. Bild 4 zeigt einen Prototypen von Toyota, in dem der Hersteller zwei neue Antriebstechnologien verwirklicht hat.
Logis-Tech: Neue Ideen und Konzepte
Wie aktuell das Thema „Alternative Antriebskonzepte für Flurförderzeuge' ist, zeigte sich im September auf der Logis-Tech in Tokio. Gleich mehrere japanisch Hersteller nutzten die größte asiatische Messe der Materialflusstechnik, um Stapler mit Hybridantrieben vorzustellen – ein Feld, mit dem sich führende Zulieferer von Flurförderzeugantrieben wie ZF Gotha schon intensiv beschäftigen. Toyota kann hier auf umfassende Erfahrungen in der Automobiltechnik zurückgreifen, und auch Mitsubishi und Komatsu präsentierten entsprechende Geräte, wobei das von Komatsu einen durchaus seriennahen Eindruck machte. Am Nissan-Stand war ein Prototyp mit Brennstoffzellenantrieb des US-amerikanischen Herstellers General Hydrogen zu sehen. Und damit sind noch nicht alle künftig möglichen Antriebskonzepte erwähnt: Es gibt Motoren-Experten, die für die Zukunft den Einsatz von Verbrennungsmotoren mit alternativen Kraftstoffen z.B. Wasserstoff favorisieren. Somit - und das ist das Fazit - bleibt das Thema spannend und vermutlich wird der Flurförderzeugbetreiber künftig nicht nur zwischen Elektroantrieb und Verbrennungsmotor entscheiden können, sondern noch weitere Optionen haben.
Bild 3: In Golf, Passat und als Industrieversion auch im Gabelstapler: Der TDI-Motor von Volkswagen
Bild 4: Brennstoffzelle plus Hybrid: In diesem Prototypen hat Toyota zwei neue Antriebstechnologien verwirklicht
Quelle: f+h 10-2006
www.vf-mediengruppe.de