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In einem sehr engen Zeitfenster bauten der Logistikdienstleister LMS im Saarland und der Lieferant eines fahrerlosen Transportsystems, die DS Automotion GmbH, den Bereich der Montage von Motoren für Ford um.
Die zu 100 Prozent zur Ferrostaal Automotive GmbH in Essen gehörende LMS ist ein neutraler Dienstleister mit etwa 420 Mitarbeitern. Helmut Karpinski, Werkleiter der Logistik-Magazin Saarlouis, erläutert: „Im Auftrag von Automobilherstellern – in diesem Fall vor allem vom Saarlouiser Ford-Werk – und auch Zuliefer-Unternehmen übernehmen wir Teile der Montage, komplettieren von außerhalb angelieferte Komponenten und liefern komplette Module, die wir aus Einzelteilen zusammenbauen, just-in-time respektive just-in-sequence in den Prozess der Fahrzeugendmontage. Zu diesen Modulen zählen beispielsweise Motoren, Mittelkonsolen, Vorderachsen-Module, Kühler und Türverkleidungen.“
Der Zuliefererpark von Saarlouis
LMS ist im so genannten Ford-Suppplier-Park in unmittelbarer Nähe des Automobilwerks angesiedelt. An diesem Standort von Ford werden alle „Focus“-Modelle für Westeuropa produziert. Der Zuliefererpark wurde auf Initiative von Ford eingerichtet und im Jahr 1998 eröffnet. Rund 240 Millionen investierte man in Gebäude, Infrastruktur, Maschinen und Ausstattung. Strategie von Ford ist, mithilfe der unmittelbar benachbarten Zulieferer die benötigten Teile schnell in der Produktion zur Verfügung zu haben. So muss der Autohersteller deutlich weniger Teile selbst einlagern, spart folglich Platz und kann flexibler agieren. Zudem müssen die Teile nicht irgendwo in Europa bei Zulieferern besorgt und teuer per Lkw nach Saarlouis gebracht werden. Dank des Zuliefererparks kann die Firma Ford ihre Energie auf Entwicklung, Endmontage und Vertrieb der Fertigprodukte und Komponenten konzentrieren. Die Aufteilung der Verantwortung erlaubt es dem Unternehmen, höhere Stückzahlen sowie eine größere Varianten- und Typenvielfalt zu geringeren Kosten zu produzieren.
Es versteht sich von selbst, dass alle Zulieferer eng mit den Band-Laufzeiten vertaktet sind. So zum Beispiel bei der Motorenendaufrüstung durch LMS: Alle 32 Sekunden muss ein Motor an den Endmontagebändern im Ford-Werk zur Verfügung stehen. Jegliches Handeln hat sich dieser Forderung unterzuordnen, denn schon eine längere Störung bei einem Beteiligten kann zum Stillstand in der Fertigung bei Ford und zu Millionenschäden führen. Helmut Karpinski macht deutlich: „In der Regel beträgt der Vorlauf eine Stunde. Manchmal ist es aber auch nur eine halbe Stunde. Da heißt es, auf höchste Verfügbarkeit unserer Anlagen zu achten.“
Der vielseitige „CleverMax“
Eine solche Anlage ist auch das neue Fahrerlose Transportsystem von DS Automotion. „Bei unseren Investitionen wie dem FTS setzen wir vor allem auf standardisierte und somit auf erprobte Technik,“ betont Helmut Karpinski. So war es nur folgerichtig, in Saarlouis 43 fahrerlose Fahrzeuge (FTF) des überarbeiteten Typs „CleverMax“ aus dem Hause DS Automotion einzusetzen. Der CleverMax ist ein einfaches, kostengünstiges Fahrzeug mit bewährter Technik und einem standardisierten, modulartigen Aufbau in industrietauglicher Ausführung. Der Fahrkurs lässt sich auch durch den Betreiber individuell gestalten.
Das Gerät ist als Tragfahrzeug oder als Schlepper lieferbar. Es dient zur Warenkommissionierung und Verteilung ebenso wie zur Materialversorgung von Montagelinien und Produktionsmaschinen oder – wie im vorliegenden Fall – als mobile Montageplattform. „Um den Werkern einen ergonomischen Arbeitsplatz zu bieten, erhielt jedes der neuen Fahrzeuge einen Scherenhubtisch mit 500 mm Hub, um an den Motoren bequemer arbeiten zu können“, verdeutlicht der Werkleiter. „Zudem sprach für den CleverMax, dass er eine 90-Grad-Kurve mit einem Radius von 1.000 mm durchfahren kann. Das spart uns wertvolle Flächen.“
Die FTF, die bei LMS 500 kg tragen können, fahren mit einer Geschwindigkeit von maximal 1 m/s auf einem rund 250 Meter langen Rundkurs, an dessen Beginn die von extern angelieferten Motoren per Kran auf die Fahrzeuge gesetzt werden. Dann gelangen die CleverMax-Geräte, zur Hinderniserkennung mit einem Sick-Scanner ausgestattet, wie ein Taxi von Montagestation zu Montagestation entsprechend dem von Ford und damit auch von LMS vorgegebenen Takt und bleiben dort stehen. An welchen der 42 Stationen welche Motoren mit welchen Komponenten auszustatten sind, wurde zu Beginn der Rundtour anhand von Barcode-Informationen in die FTS-Steuerung von DS Automotion eingelesen. Üblicherweise ist diese Steuerung, die ihre Befehle per Funk an die Fahrzeuge weiterleitet, an den LMS-Leitrechner gekoppelt. „Aber“, so Wolfgang Hillinger, Leiter des technischen Vertriebs des österreichischen Unternehmens, „das FTS kann auch ohne Kopplung an den Leitrechner arbeiten, da die Grundparameter im Fahrzeug hinterlegt sind.“ Zudem lieferte DS Automotion aus Sicherheitsgründen einen Cold-Stand-by-Rechner als Teil der FTS-Steuerung.
Hybride Energieversorgung der FTF
Etwas Besonderes ist die hybride Energieversorgung der FTF, bei der zwei Techniken miteinander kombiniert werden. Dabei erhalten die Fahrzeuge zum einen die Energie auf induktivem Weg über den im Boden verlegten Leitdraht, zum anderen lassen sich die Fahrzeuge abseits der eigentlichen Fahrspur mit einem Joystick vorwärts und rückwärts verfah-ren, denn sie haben eine Batterie an Bord. Diese sehr bequeme und fle-xible Handhabung – etwa um ein Fahrzeug aus unterschiedlichen Gründen aus- und wieder einzuschleusen – gab es in der Altanlage mit ihren Kupferschienen nicht.
Die Haupttätigkeit in den Stationen sind Schraubvorgänge mit elektronisch gesteuerten Schraubern, die nach vorgegebenen Programmen arbeiten. Das FTF wird erst dann zur Weiterfahrt freigegeben, wenn die Drehmomente geprüft und dokumentiert sind, denn alle Arbeitsgänge an einem Auto müssen für den Zeitraum von mehreren Jahren lückenlos zurückverfolgt werden können. An einer Station prägt ein Roboter die Fahrgestellnummer in den Motorblock, um eine klare Zuordnung des Motors zum Wagen sicherzustellen. „Würde der Roboter ausfallen, könnten wir keinen einzigen Motor liefern“, erläutert Helmut Karpinski. Deshalb sind Mitarbeiter darauf geschult, diese Arbeit im Bedarfsfall zu übernehmen. Sind die Montagestationen durchlaufen, werden die fertigen Werkstücke in ein Transportgestell eingehängt, das drei Motoren aufnehmen kann. Die Gestelle gelangen zunächst auf eine Pufferstrecke, die eventuelle Anlieferschwankungen ausgleicht, und dann über einen durch Ford gesteuerten Lift zu einer langen Elektrohängebahn (EHB), die die Verbindung zum Ford-Werk herstellt. Alle 96 Sekunden verlässt auf diese Weise ein Gestell den Bereich von LMS. Und das – wie bei Ford – im Dreischichtbetrieb.
Reibungsloser Start ohne Testbetrieb
„Die größte Herausforderung bei der Installation der Anlage war die Zeit“, sind sich Helmut Karpinski und Wolfgang Hillinger einig. Gerade mal drei Wochen Werksferien von Ford im Juli 2010 standen zur Verfügung. In dieser Zeit war in Saarlouis die Altanlage zu entfernen, der Boden zu sanieren, alle Montagestationen umzubauen beziehungsweise zu erneuern und neu zu programmieren sowie das FTS zu installieren und in Betrieb zu nehmen. „Testmöglichkeiten zu realen Bedingungen hatten wir leider nicht, denn bei Ford stand der Betrieb ja auch still“, schildert der LMS-Manager die nicht ganz unkritische Situation. „Doch dank des Engagements unseres österreichischen Partners und nicht zuletzt unserer Mitarbeiter konnten wir das neue System Anfang August starten und Ford wieder zuverlässig rund um die Uhr im richtigen Takt beliefern“, freut sich Helmut Karpinski.
DS Automotion – das Unternehmen
Die DS Automotion GmbH – die beiden Buchstaben stehen für „Driverless Solutions for your success“ – mit Firmensitz in Linz ist auf die Entwicklung und Produktion von fahrerlosen Transportsystemen (FTS) in der innerbetrieblichen Logistik spezialisiert und hat sich zu einem weltweit füh-renden Anbieter in diesem Segment entwickelt. Neben allgemeinen FTS-Logistikanwendungen in unterschiedlichsten Industriezweigen ist DS Automotion insbesondere FTS-Spezialist in den Branchen: Automotive, Hospital & Healthcare sowie Print & Paper.
Im Geschäftsjahr 2010 erwirtschaftete das Unternehmen mit rund 85 Mitarbeitern einen Gesamtumsatz von etwa 18 Millionen Euro. Man verfügt über Niederlassungen in Deutschland, Frankreich und Schweden und arbeitet mit Partnern in Brasilien, Indien, Spanien und den USA zusammen.
www.ds-automotion.com
Bilder: DS-Automotion