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Ein fahrerloses Transportsystem (FTS) übernimmt schon seit einigen Jahren die Versorgung der Endmontagelinien mit Schaltgeräten für Getriebe bei ZF in Saarbrücken.
Waren anfänglich nur zwei vollautomatische Gabelhubwagen im Einsatz, so sind es jetzt bereits 14 Fahrzeuge, die für effektiven Transport, intralogistische Transparenz und dauerhafte Ordnung sorgen.
„Autos bewegen Menschen – nicht nur emotional“ lautet der geringfügig abgewandelte Satz in einer Firmenbroschüre des Antriebs- und Fahrwerkspezialisten ZF. Damit sich aber der Mensch in seinem Automobil fortbewegen kann, reicht ein leistungsfähiger Motor nicht aus: Die Kraft für den Antrieb eines Autos zu erzeugen ist eine Sache, die Leistung des Motors effektiv auf die Räder zu übertragen, ist eine andere. Diese Aufgabe übernehmen – meist versteckt unter dem Wagenboden – Getriebe in unterschiedlichsten Ausführungen. Getriebe müssen drehmomentstärkere Motoren unterstützen, Verbrauch reduzieren und damit Ressourcen schonen und zugleich für hohe Fahrdynamik und Fahrkomfort sorgen. Und das alles, ohne zu viel wertvollen Bauraum in den verschiedensten Fahrzeugmodellen in Anspruch zu nehmen. Der Getriebespezialist ZF fertigt unter anderem Automatikgetriebe in 6-Gang-, 8-Gang- und demnächst auch in 9-Gang-Ausführung mit den dazugehörenden Schaltgeräten. Zum Lieferprogramm gehören auch Schaltgetriebe für die manuelle Betätigung und in automatisierter Version, Hinterachsgetriebe, Kupplungs- und Achssysteme sowie zahlreiche weitere Antriebs- und Fahrwerkkomponenten bis hin zu Sonderbauformen – vielfach im Verbund mir elektronischen Regelsystemen.
Die starke Nachfrage nach 8-Gang-Automatikgetrieben veranlasste das Unternehmen, die Produktionskapazitäten am Standort Saarbrücken zu erweitern. Die werksinternen Transporte zu den fünf Endmontagelinien für unterschiedliche Getriebetypen übernehmen fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) aus dem Hause MLR System GmbH, und zwar schon seit 1999. Seinerzeit investierte ZF in eine Anlage mit zwei frei navigierenden Gabelhubwagen für die Schaltgeräte-Anlieferung, Zug um Zug kamen weitere FTF vom Typ PHOENIX hinzu. Mittlerweile drehen 14 automatische Fahrzeuge, davon zwei in neuerer Bauart, im Werk Saarbrücken mit einer Maximalgeschwindigkeit von 1,5 m/s ihre Runden.
24 Schaltgeräte pro Transport
Wenn die fertigen Schaltgeräte zur Abholung bereitstehen, dann sind sie in speziell angefertigten Boxen, die bei ZF Schaltgerätepaletten heißen und etwas kleiner sind als die üblichen Norm-Gitterboxen, sicher untergebracht. 12 Schaltgeräte passen in eine solche Box hinein. Der Abtransport der Paletten geschieht – wie bei allen Transporten mit den FTF – als Stapel mit zwei Boxen übereinander. Bevor die Schaltgeräte endgültig verbaut werden können, müssen sie einer Prüfung unterzogen werden. Dies erfolgt auf Prüfplätzen, wohin die Schaltgeräte zunächst gebracht werden. An jedem Prüfplatz befinden sind zwei Stellplätze zur Abgabe beziehungsweise Aufnahme durch das automatische Fahrzeug. Ist die Prüfung bestanden, gelangt das Material zur Endmontage oder wird in einem Hochregallager bevorratet.
Den Bedarf an Schaltgeräten an den Endmontagelinien geben die dortigen Mitarbeiter an ihren Touchscreens ein, die in diesen Bereichen installiert und mit dem MLR Steuer- und Leitsystem LogOS verbunden sind. Das System ermittelt daraufhin über umfangreiche Algorithmen das bestmögliche FTF – wobei auch Folgeaufträge berücksichtigt werden – und erteilt ihm über Funk den Auftrag, das richtige Material zu holen und wegeoptimiert an die betreffende Endmontagelinie zu bringen. Dort werden die zwei Einzelboxen automatisch wieder entstapelt. An jedem Montageplatz befinden sind zwei Fördertechnik-Stellplätze. Ein Stellplatz dient der Abgabe der angeforderten Schaltgeräte, der andere zum Abholen von Restmengen oder leerer Schaltgerätepaletten.
Da sich die fahrerlosen Fahrzeuge in Bereichen befinden, die auch von Fußgängern, Radfahrern und Staplern genutzt werden, sind sie mit umfassenden Sicherheitseinrichtungen ausgestattet. Zu diesen Einrichtungen zählen Bumper und Ultraschallsensoren, eindrückbare Gabelspitzen beziehungsweise Gabellichttaster und Laserscanner. Bei der neuen Generation wurde oben am Mast ein Laserscanner S100 als „Kranhakenabsicherung“ montiert.
Hochregallager statt Blocklager
Anfangs standen die zu bevorratenden Schaltgeräte in ihren Boxen auf einer Umschlagfläche, also auf dem Boden. Als es dann zu Engpässen kam, weil die Flächen anderweitig gebraucht wurden, errichtete man 2005 ein an LogOS angebundenes Hochregallager mit insgesamt 12 Übergabestellen für die FTF. Hier werden jene Boxen zwischengelagert, die entweder als Anbruchboxen von der Endmontage zurückkommen oder die vorproduzierte Schaltgeräte enthalten.
Durch den stetigen Ausbau des fahrerlosen Transportsystems beziehungsweise die sukzessive Einbindung zusätzlicher Produktions- und Montagebereiche entstand ein Streckennetz durch mehrere Hallen, das heute um die 4300 Meter lang ist. Eine Besonderheit dieser Anlage ist, dass es in Saarbrücken – beispielsweise durch Wechsel des Getriebetyps – immer wieder Umbauten bei den Maschinen gibt mit der Folge, dass sich auch die Streckenführung der FTF und die Positionen der Abgabe- und Aufnahmepositionen ändern muss. Der Aufwand für diese Änderungen ist aber vergleichsweise gering, da alle Fahrzeuge über Magnetnavigation verfügen. Überdies lässt sich das Steuersystem den veränderten Situationen relativ schnell anpassen, die Bediener können zudem einzelne Streckenabschnitte im Leitrechner sperren, sodass die FTF diese Wege umfahren.
Im Werk Saarbrücken wird in drei Schichten gearbeitet. Demzufolge müssen auch die elektrisch angetriebenen automatischen Fahrzeuge rund um die Uhr im Einsatz sein. Hat die Bleibatterie eines Fahrzeugs einen bestimmten Entladungszustand erreicht, steuert es selbsttätig die Batteriewechselstation an der Stirnseite des Hochregallagers an, wo die entladene Batterie manuell durch eine frisch geladene ersetzt wird.
Insgesamt wird beim Getriebespezialisten ZF vor allem die Transparenz der Transporte und Bestände als großer Vorteil beim Einsatz des FTS angesehen. Auch müssen durch das Steuerungssystem keine Mehrmengen mehr vorgehalten werden, was natürlich die Kapitalbindung reduziert. Ebenfalls ist heute der Zugriff zu den Teilen direkt möglich, ohne in einem Flächenlager suchen zu müssen - das spart Zeit und minimiert Lieferverzögerungen.
www.mlr.de
Bilder: MLR
Bild 3: Batteriewechsel beim FTS